Dreiländergiro in Nauders
Am 26.06.2022 gegen 6:30 Uhr war es wieder soweit. Nach 8-jähriger Radmarathonpause meinerseits startete der Veranstalter das Feld von 3000 begeisterten Radsportlern zum 29. Dreiländergiro und ich stand mittendrin. Eigentlich wollten 4 Radsportler unseres SUN-Sport-Teams die Stecke von 168 km und 3300 Hm heute bewältigen. Aber es kam anders. Durch Verletzungspech sind leider 3 Mann ausgefallen. Wie auch andere Jahre zuvor setzt sich das Fahrerfeld langsam vorbei am Reschensee in Richtung Südtiroler Vinschgau in Bewegung.
Ich versuche die ersten Kilometer weiter nach vorn zu fahren, um in der kommenden rasenden Abfahrt (Geschwindigkeiten 70-80 km/h, ca. 30 km lang), mich nicht im dichtem Getümmel bewegen zu müssen, da es da vermehrt zu Stürzen kommen kann. Am Fuße des Berges, im Städtchen Glurns hindurch des historischen engen Stadttores, angekommen, beginnt nun ein traumhafter Anstieg mit 48 Kehren und 1842 Höhenmeter zum 2797 Meter hohen Stilfser Joch. Zweieinhalb Stunden später ist der erste Berg mit einer durchschnittlichen Steigung von 8% über ca. 25 km bezwungen. Es heißt schnell Getränkeflaschen füllen, Bananen, Riegel und Käseschnitten essen und verstauen, Jacke anziehen, und weiter geht’s auf dem Umbrailpass ins schweizerische St. Maria hinab. Die Temperaturen oben auf dem Berg von 6 Grad sollten sich bald gravierend ändern.
Die Abfahrt dauert ca. 20min. Dabei ist es wichtig immer etwas zu essen und trinken, um dem Körper wieder Energie zurückzuführen, die er dringend benötigt. Unten angekommen, ist wieder ein Verpflegungspunkt um alle Speicher in Vorbereitung auf den nächsten Anstieg zum Ofenpass in 2149 Meter Höhe aufzufüllen. Der ist aber nicht so lang, jedoch liegt die Herausforderung ganz woanders. Elend lange Geraden mit gleichbleibender Steigung und die langsam erdrückende Hitze erschweren den Aufstieg. Der Tritt wird immer schwerer und der Durst nimmt zu. Endlich sind einige Kehren zu sehen. Dies ist ein sicheres Zeichen, dass der Gipfel naht. Jetzt wird der Ofenpass seinem Namen gerecht. Hoffentlich reicht mein Wasser bis zum nächsten Verpflegungspunkt, das ich auch zum Kühlen meines Kopfes benutze. Geschafft! Wieder Verpflegung aufnehmen und verstauen. Ab geht’s in die vorletzte Abfahrt in Richtung Martina durchs Engadin. Doch die Stecke streckt sich mit immer wieder auftretenden, kurzen, dafür steilen Anstiegen (ca. 60km) und immer weht einem der Gegenwind um die Nase. Da ist es wichtig in einer Gruppe zu fahren, um Kraft zu sparen. Eine Gruppe hat sich in der Abfahrt schnell gebildet.
Ich habe den Anschluss um eine Gruppe gute Fahrer gefunden. Die fuhren aber am nächste Verpflegungspunkt vorbei. Also ich hinterher, ob das gut geht? Es muss!! Nun ging es mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit über 40 km/h ab am Inn entlang zum letzten Anstieg. Der ist ca. 5 km lang, 450 Höhenmeter, und endet auf der Norbertshöhe auf 1475 m. Ab da an ist es noch 1 km bis zum Ziel. Am letzten Verpflegungspunkt gibt es jetzt unter anderem Cola. Ich habe gefühlt 2 Liter getrunken. Die Beine sind inzwischen sehr schwer geworden. Nach der Hälfte des Anstieges kam die Wirkung der Cola in meinen Beinen an und ich konnte das Tempo etwas steigern. Oben angekommen, kommt eine kurze Abfahrt, dann endlich das Ziel wo meine Frau mich schon erwartet.
Jetzt konnte ich meine Startnummer gegen das Finishertrikot, das jedes Jahr extra angefertigt wird, einlösen. Nach 8:16 Stunden kam ich im Ziel an. Diese Zeit erreichte ich das letzte mal vor 19 Jahren. Hoffentlich können wir bei der nächstjährigen Jubiläumsveranstaltung mit einer größeren Gruppe teilnehmen.
Tilo Pollack